„Die EZB wirkt dogmatisch“
KommentarErwartungsgemäß hat die Europäische Zentralbank (EZB) heute ihre Leitzinsen unverändert gelassen und auch keine Änderung am zinspolitischen Ausblick vorgenommen. Demnach werden Banken und Sparer noch „für längere Zeit“ mit dem negativen Einlagezins der EZB (minus 0,4 Prozent) leben müssen. Auch im Hinblick auf die im Umfang von 60 Milliarden Euro pro Monat laufenden Wertpapierkäufe konnte sich die EZB heute nicht dazu durchringen, eine erste Andeutung zum Ende des Programms zu geben. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, nimmt dazu Stellung.
„Die Weigerung der EZB, ein allmähliches Auslaufen der Wertpapierkäufe auch nur kommunikativ vorzubereiten, wirkt zunehmend dogmatisch. Die Kreditversorgung der Unternehmen hat sich spürbar verbessert, der Konjunkturaufschwung in der Euro-Zone gewinnt an Breite und die Kern-Inflationsrate klettert. In diesem Umfeld ist die sehr aggressive Kombination aus Negativzinsen und Wertpapierkäufen geldpolitisch nicht mehr rational. Noch dazu ist für das Jahr 2018 aufgrund der deutschen Hochkonjunktur mit einer steigenden Inflationsdynamik im Euroraum zu rechnen.
Durch ihre Schweigsamkeit zu den Exit-Plänen für Anleihekäufe und Negativzinsen riskiert die EZB zunehmend, dass sie die Märkte nicht mehr rechtzeitig auf die im nächsten Jahr unverzichtbare geldpolitische Wende vorbereiten kann. Der EZB-Rat darf daher die nächste Chance für eine Neuausrichtung der Kommunikation in der Sitzung am 7. September nicht ungenutzt verstreichen lassen.“
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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de