FIRE statt Eurobonds: Neues Konzept gegen die Schuldenkrise
ForschungDie Vertrauenskrise an den Märkten für Staatsanleihen sollte durch einen direkten Zinsausgleich bekämpft werden. Eine solche Lösungsoption zur Bekämpfung der europäischen Schuldenkrise vermeidet das Problem der Kollektivhaftung der Eurobonds und ist selbst bei Einbeziehung von Spanien und Italien bezahlbar. Zu diesem Ergebnis kommen Untersuchungen von Friedrich Heinemann, Forschungsbereichsleiter am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.
Die Grundidee des Vorschlags ist, dass Länder wie Deutschland oder die Niederlande einen Teil ihrer Krisengewinne aus ihren historischen Niedrigzinsen einsetzen, um die Zinslast von Ländern, die sehr hohe Zinsen zahlen müssen, ein Stück weit zu erleichtern. Das Geld der Niedrigzinsländer würde in den "FIRE-Fonds" fließen. "FIRE" steht dabei für „fiscal interest rate equalization“ (fiskalischer Zinsausgleich). Für Marktzinsen über einer kritischen Grenze würden Krisenländer dann bei jeder Anleiheemission mit einem entsprechenden Ausgleichsbetrag entschädigt. Die Unterstützungszusage würde zunächst auf ein Jahr befristet und an Bedingungen geknüpft. Die Verlängerung eines FIRE-Programms käme nur in Frage, wenn das begünstige Land Reformfortschritte belegen könnte. Die Einrichtung eines solchen FIRE-Fonds hätte zur Folge, dass die Zinslast für neue Emissionen für die Krisenländer tragbar wäre und Konsolidierungsbemühungen nicht mehr wie zurzeit durch die hohen Marktzinsen zunichte gemacht würden.
Die Untersuchungen des ZEW-Forschers zeigen deutlich die Vorteile des FIRE-Konzepts gegenüber den Eurobonds, die derzeit die Diskussion dominieren. Während Eurobonds mit Kollektivhaftung arbeiten, verzichtet FIRE auf jegliche Haftung. Im Unterschied zu den Eurobonds würde FIRE die Zinsunterschiede in der Eurozone nicht völlig beseitigen, sondern nur einengen. Anders als bei den versteckten Subventionen der Eurobonds sind die Transfers im FIRE-Ansatz völlig transparent. Die hohe Transparenz würde nach Heinemanns Einschätzung auch die Gefahr eindämmen, dass sich die Krisenländer auf eine dauerhafte Unterstützung verlassen und in ihrem Reformeifer erlahmen könnten.
Bezüglich der Finanzierbarkeit des Zinsausgleichs durch den FIRE-Fonds im Falle einer Stützung Italiens und Spaniens kommt Heinemann zu einem vorsichtig optimistischen Fazit. Das System ist für Deutschland eindeutig billiger als Eurobonds. Eurobonds implizieren eine völlige Zinsnivellierung und verstecken daher ein sehr viel höheres Transfervolumen. Die Berechnungen des ZEW-Forschers zeigen ebenfalls, dass den höheren Zinslasten der Krisenländer derzeit tatsächlich Zinseinsparungen der Länder mit guter Bonität in vergleichbarer Höhe gegenüberstehen. Seiner Beispielrechnung der voraussichtlichen Größenordnung des FIRE-Stützungsvolumens hat Heinemann eine Begrenzung der Zinsen Italiens und Spaniens auf fünf Prozent sowie die Marktkonditionen von Mai 2012 zugrunde gelegt. Dies würde für die Neuemissionen des Jahres 2012 eine jährliche Ausgleichszahlung von etwa 5,7 Milliarden Euro erfordern. Die Finanzierung würden sich Deutschland (90 Prozent), die Niederlande (8 Prozent) und Finnland (2 Prozent) teilen, gemäß ihrem jeweiligen Vorteil aus den eigenen Zinsersparnissen.
Nach Heinemanns Einschätzung ist FIRE, trotz der mit diesem Konzept verbundenen Lasten, im Vergleich zu einer Haftungsausweitung eindeutig der bessere Weg: "Der Zinsausgleich kann helfen, das Roulette-Spiel um den deutschen Wohlstand zu verhindern, das mit der Alternative Eurobonds verbunden wäre", so Heinemann.
Weitere Informationen zum FIRE-Konzept, eine Grafik zum Ertrag zehnjähriger Staatsanleihen sowie eine Tabelle mit der Beispielrechnung für Italien und Spanien finden Sie im englischen ZEW policy brief zu FIRE.
Eine englische Langversion des FIRE-Konzepts finden Sie im Internet unter: www.zew.de/fire2012
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