Flächendeckende Corona-Schnelltests können Angst vor Arztbesuchen mindern
ForschungDie Anzahl der Krebsvorsorgeuntersuchungen ist vor allem während der ersten Welle der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 stark zurückgegangen. Das kann sich langfristig negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken, denn eine spät erkannte Krebserkrankung kann sich negativ auf den Behandlungserfolg auswirken. Die Angst vor Ansteckung mit Corona spielt bei ausbleibenden Arztbesuchen zur Vorsorge anscheinend eine große Rolle. Dies bestätigen Befragungsdaten ebenso wie eine aktuelle Auswertung von Suchhäufigkeiten auf Google-Trends-Daten durch Ökonomen des ZEW Mannheim.
„Vor dem Hintergrund der von uns beobachteten Entwicklung bei Vorsorgeuntersuchungen ist die Entscheidung der Bundesregierung, zum 1. März 2021 ein breites, niedrigschwelliges Schnelltestangebot aufzubauen, sehr zu begrüßen. Schnelltests sollten jedoch möglichst breit verfügbar sein, insbesondere in Arztpraxen. Denn zu viele Menschen haben aus Angst Vorsorgeuntersuchungen aufgeschoben. Standardmäßige Schnelltests bei jedem Arztbesuch würden helfen, das Sicherheitsgefühl der Patientinnen und Patienten zu erhöhen und könnten so dazu beitragen, die entstandene Vorsorgelücke zu schließen“, erklärt Dr. Simon Reif, Leiter der Projektgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW.
In einer Auswertung aktueller internationaler Studien sowie von Google-Trends-Daten zeigen Simon Reif und die ZEW-Ökonomin Sabrina Schubert, dass insbesondere in Phasen mit hohen Corona-Infektionszahlen die Nachfrage nach Vorsorgeuntersuchungen zurückgeht. Dieser Zusammenhang findet sich bei mehreren Studien aus Deutschland, den USA und Großbritannien. Zusätzlich lässt sich anhand der Häufigkeit von Google Suchanfragen zeigen, dass im vergangenen Jahr in Deutschland die Suchhäufigkeit nach „Krebsvorsorge“ immer dann niedrig war, wenn die Suchhäufigkeit nach „Ansteckungsgefahr“ hoch war.
Durch die Einführung standardmäßiger Corona Schnelltests beim Arztbesuch kann neben den schon ergriffenen Hygienemaßnahmen die Wahrscheinlichkeit weiter verringert werden, dass es zum Beispiel im Wartezimmer zu Ansteckungen kommt. So könnte neben dem tatsächlichen Ansteckungsrisiko auch das wahrgenommene Risiko gesenkt werden. Dies könnte die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen insbesondere zur Krebsvorsorge wieder deutlich erhöhen. Dazu ist es allerdings wichtig, dass kostenfreie Schnelltests in Arztpraxen angeboten – und umfangreich angenommen werden. „Um die ambulanten Arztkapazitäten aber nicht zu überlasten, muss ein ganzheitliches Testsystem aufgebaut werden. Die Frage darf also nicht sein, ob Schnelltests nun an der einen oder der anderen Stelle eingesetzt werden. Alle drei Möglichkeiten, Selbsttest, eigens eingerichtete Testzentren und Arztpraxen sollten so schnell wie möglich zur Verfügung stehen“, fordert Sabrina Schubert.