Geringe Tarifbindung bei unternehmensnahen Dienstleistern
ForschungDie für diese Woche geplante Gründung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wirft die Frage auf, wie stark die Tarifbindung im Dienstleistungssektor eigentlich ist. Bei unternehmensnahen Dienstleistern liegt sie jedenfalls deutlich unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. So entfällt lediglich rund ein Drittel des Umsatzes, der in dieser Branche erwirtschaftet wird, auf tarifgebundene Unternehmen. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Vereine Creditreform, Neuss, bei 1.100 unternehmensnahen Dienstleistern durchgeführt hat. Zum Wirtschaftszweig unternehmensnahe Dienstleistungen zählen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Architekten, technische Planer, Kfz-Vermieter, Maschinenvermieter, Speditions- und Logistikunternehmen, EDV-Dienstleister, Werbeagenturen sowie Unternehmen der Abfallwirtschaft.
Ein Hauptgrund für die geringe Tarifgebundenheit ist das Fehlen von Tarifverträgen in vielen Branchen des Wirtschaftszweigs. So entfallen 30 Prozent des Umsatzes der unternehmensnahen Dienstleister auf Firmen, die angeben, dass es für ihre Branche gar keinen Tarifvertrag gibt. Weitere 37 Prozent der unternehmensnahen Dienstleister wenden keinen Tarifvertrag an, obwohl dieser vorhanden ist. Die einzelnen Branchen unterscheiden sich hinsichtlich der Anwendung von Tarifverträgen erheblich. Während vor allem traditionelle Branchen wie Speditionen und Lagereien sowie Abfall- und Abwasserentsorger Tarifverträge anwenden, richten nur wenige Werbefirmen und Fahrzeugvermieter ihre Grundentgelte nach einem Tarifvertrag aus. Am seltensten werden Tarifverträge von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern angewendet. Ziel der neuen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist es, den Organisationsgrad gerade in diesen gering organisierten Branchen - den wachstumsstärksten unter den unternehmensnahen Dienstleistern - zu erhöhen. Es ist jedoch fraglich, ob die Bildung einer großen Dienstleistungsgewerkschaft der richtige Weg ist, dies zu erreichen.
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Prof. Dr. Ulrich Kaiser, Telefon: 0621/1235-134, E-Mail: kaiser@zew.de