Geringere Wachstumsdynamik bei unternehmensnahen Dienstleistern

Forschung

Die Wachstumsdynamik der unternehmensnahen Dienstleister hat sich im dritten Quartal 2000 im Vergleich zum Vorquartal leicht abgeschwächt. Die saisonbereinigte jährliche Umsatzwachstumsrate sank auf 4,4 Prozent. Im zweiten Quartal dieses Jahres hatte sie noch bei 5,4 Prozent gelegen.

Diese Ergebnisse gehen aus einer Konjunkturumfrage bei unternehmensnahen Dienstleistern hervor, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Vereine Creditreform, Neuss, im September/Oktober 2000 durchgeführt hat. Im Rahmen dieser Umfrage werden vierteljährlich rund 1100 Unternehmen aus folgenden Branchen befragt: Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Architektur, technische Planung und Beratung, Kfz-Vermietung, Maschinenvermietung, Speditions- und Logistikunternehmen, EDV-Dienstleistungen, Werbeagenturen sowie Unternehmen der Abfallwirtschaft.

Bei der Konjunkturumfrage zeigte sich indes, dass sich im Vergleich zum Vorjahresquartal, dem dritten Quartal 1999, wenig verändert hat. Umsätze und Erträge der unternehmensnahen Dienstleister liegen auf dem gleichen Niveau. Die Nachfrage ist seitdem gestiegen, der Preisdruck hingegen verstärkte sich. Auch die Beschäftigung nahm weiter zu, jedoch nicht mehr mit der gleichen Geschwindigkeit wie im Vorquartal. Die konjunkturelle Lage bei den unternehmensnahen Dienstleistern ist trotz dieser kleinen Verschnaufpause insgesamt gut. Die Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges profitieren weiterhin von der hohen konjunkturellen Dynamik der gesamten deutschen Wirtschaft. Haupttriebkraft des gesamtwirtschaftlichen Wachstums bilden weiterhin die Exporte, aber auch die Binnennachfrage hat an Schwung gewonnen.

Die Erwartungen der unternehmensnahen Dienstleister für das vierte Quartal 2000 sind überwiegend optimistisch. Der Großteil der Unternehmen rechnen im kommenden Quartal mit einem weiteren Anstieg von Umsatz und Nachfrage. Auch die Erträge werden sich nach Einschätzung der unternehmensnahen Dienstleister positiv entwickeln, jedoch nicht in so dynamischer Weise wie Umsatz und Nachfrage.

In einem Sonderfragenteil kam die von ZEW/Creditreform durchgeführte Umfrage zu dem Ergebnis, dass Universitäts- oder Fachhochschulabsolventen naturwissenschaftlich-technischer und/oder sozialwissenschaftlicher Fächer die größten Chancen haben, im Wirtschaftszweig unternehmensnahe Dienstleister eingestellt zu werden. Geringer sind die Aussichten auf einen Job für Personal ohne formale Qualifikation. Darüber hinaus zeigte sich, dass für die unternehmensnahen Dienstleister Innovationen eine wesentliche Rolle zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit spielen.

Die Untersuchung zeigt, dass die west- und ostdeutschen unternehmensnahen Dienstleister auch im dritten Quartal 2000 ihre wirtschaftliche Lage sehr unterschiedlich beurteilen. Die saisonbereinigte jährliche Umsatzwachstumsrate der westdeutschen Unternehmen dieses Wirtschaftszweigs beträgt 4,9 Prozent, die der ost-deutschen Konkurrenz liegt dagegen bei 1,3 Prozent. Ebenso schätzen ostdeutsche unternehmensnahe Dienstleister Erträge und Nachfrage weit schlechter ein als westdeutsche. Im Gegensatz zu den westdeutschen unternehmensnahen Dienstleistern überwiegt im Osten der Anteil der Unternehmen, die Personal entlassen, den Anteil der Unternehmen, die Personal neu einstellen. Auch die Erwartungen der ostdeutschen unternehmennahen Dienstleister für das vierte Quartal 2000 liegen deutlich unter denen ihrer westdeutschen Wettbewerber. Zwar überwiegt in Ostdeutschland hinsichtlich der Umsatzentwicklung ebenfalls der Optimismus, bei den Erträgen wird jedoch eine Verschlechterung erwartet.

Situation in den Branchen

Die einzelnen Branchen der unternehmensnahen Dienstleister entwickelten sich im dritten Quartal 2000 recht unterschiedlich. Bei den EDV-Dienstleistern, den Unternehmensberatern, den Fahrzeugvermietern sowie den Speditionen und Lagereien war der Anteil der Unternehmen, die im Vergleich zum Vorquartal von gestiegenen Umsätzen und von gestiegener Nachfrage berichteten, am größten. In diesen vier Branchen ist auch der Anteil der Unternehmen überdurchschnittlich hoch, deren Personalbestand im Vergleich zum Vorquartal gestiegen ist. Jedoch erzielten nur EDV-Dienstleister, Unternehmensberater und Fahrzeugvermieter auch höhere Erträge als im Vorquartal. Ganz anders stellt sich die Situation bei Speditionen und Lagereien dar. Die Unternehmen dieser Branche verzeichnen mehrheitlich gesunkene Erträge. Bei den Architekten und technischen Beratern und Planern berichteten mehr Unternehmen von gesunkenen als von gestiegenen Umsätzen. Ähnlich entwickelten sich in diesen beiden Branchen auch Erträge, Nachfrage und Personalbestand.

Im Vergleich zu den vergangenen Quartalen fielen bei den Unternehmen der Werbebranche Umsätze und Nachfrage im dritten Quartal 2000 verhalten aus. In dieser Branche sind die Erträge überwiegend gesunken. Dennoch erhöhte sich im dritten Quartal 2000 der Personalbestand bei einem Großteil der Werbefirmen.

Personalentwicklung

Der Aufwärtstrend bei der Arbeitsnachfrage hat sich bei den unternehmensnahen Dienstleistern in den vergangenen zwölf Monaten leicht abgeflacht. Diese Entwicklung bekommen fast alle Qualifikationsgruppen zu spüren. Zwar ist die Nachfrage nach hochqualifiziertem Personal weiterhin am größten. Jedoch sank zwischen Herbst 1999 und Herbst 2000 per Saldo der Anteil der Unternehmen, der angibt, mehr Mitarbeiter mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss naturwissenschaftlich-technischer und/oder sozialwissenschaftlicher Fächer eingestellt als entlassen zu haben. Für Personal mit Fachschul- und/oder Berufsschulabschluss war die Chance, eingestellt zu werden, ebenfalls geringer als im Zeitraum Herbst 1998 bis Herbst 1999. Im Gegensatz dazu verbesserte sich jedoch für Personal ohne formale Qualifikation die Aussichten auf einen Job. Zum ersten Mal seit 1995 überwiegt hier der Anteil der neu einstellenden Unternehmen den Anteil der entlassenden unternehmensnahen Dienstleister. Insbesondere EDV-Dienstleister, Unternehmensberater und Fahrzeugvermieter fragten verstärkt Arbeitnehmer ohne formale berufliche Qualifikation nach.

Innovation und Wettbewerb

Innovationen spielen eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der unternehmensnahen Dienstleister. Dabei sind den Unternehmen Prozessinnovationen, also der unternehmensinterne Einsatz neuer oder wesentlich verbesserter Technologien bei der Dienstleistungserstellung, bedeutsamer als Produktinnovationen, also neue oder wesentlich verbesserte Dienstleistungen. Rund 70 Prozent des Umsatzes der unternehmensnahen Dienstleister entfallen auf Unternehmen, die in den vergangenen zwölf Monaten Prozessinnovationen durchgeführt haben. Auf Unternehmen mit Produktinnovationen entfallen weniger als 50 Prozent des Umsatzes der unternehmensnahen Dienstleister.

Bei den unternehmensnahen Dienstleistern insgesamt ist die Verbreitung von Prozessinnovationen zwischen 1999 und 2000 gestiegen. Während Prozessinnovatoren 1999 einen Umsatzanteil von rund 60 Prozent erwirtschafteten, liegt dieser im laufenden Jahr be-reits bei rund 70 Prozent. Dies entspricht dem Niveau von 1998. In den konjunkturell guten Jahren 1998 und 2000 liegt die Innovationsfreudigkeit der unternehmensnahen Dienstleister also deutlich höher als im Schwächejahr 1999.

Die große Bedeutung von Prozessinnovationen ist wohl auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen dieser Branche zurückzuführen. Durch starken Wettbewerbsdruck sind die Unternehmen gezwungen, ihre innerbetrieblichen Abläufe so effizient wie möglich zu gestalten. Fast 55 Prozent des Umsatzes dieses Wirtschaftszweigs entfallen auf Unternehmen, auf deren Heimatmärkten ausländische Konkurrenten auftreten. Lediglich Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Abfall- und Abwasserentsorger stehen im Vergleich zu den übrigen Branchen seltener in direkter Konkurrenz mit Anbietern aus dem Ausland. Umgekehrt sind viele unternehmensnahe Dienstleister auch im Exportgeschäft tätig und müssen sich mit ihren Dienstleistungen auf ausländischen Märkten behaupten.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Alexandra Spitz-Oener, Telefon: 0621/1235-293, E-Mail: spitz@zew.de