Kreisreformen sparen weder Geld noch Personal, senken aber Wahlbeteiligung

Forschung

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Kreisreformen, bei denen Gebietskörperschaften zusammengelegt werden, bringen keine nennenswerten Kosten- und Personaleinsparungen in der kommunalen Selbstverwaltung, lassen aber die Wahlbeteiligung in den fusionierten Gebieten sinken. Gleichzeitig legen rechtspopulistische Parteien nach Kreisreformen bei Wählerstimmanteilen zu. Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim.

Für ihre Analyse haben die Wissenschaftler Fallbeispiele aus Deutschland und Österreich ausgewertet. Unter den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Deutschland im internationalen Vergleich mit Abstand die meisten Kreisgebietsreformen durchgeführt. Insbesondere die neuen Bundesländer nehmen eine auch internationale Sonderrolle bei der Organisation kommunaler Aufgaben ein, da keine andere Region derartige Vergrößerungen auf Kreisebene aufweisen kann. Österreich folgt diesem Trend in den vergangenen Jahren.

In Deutschland hat sich die Anzahl der Landkreise zwischen 1950 und 2013 halbiert. Österreich hat in den 1950er, 1960er und 1980er Jahren zwar die Anzahl der Bezirke leicht erhöht, in jüngster Zeit aber damit begonnen, Bezirke miteinander zu fusionieren. Für Deutschland untersucht die Studie exemplarisch die Kreisreform in Sachsen-Anhalt im Jahr 2007 als erste und bislang nicht evaluierte Gebietsfusion dieser Art seit den frühen 1990er Jahren. Für Österreich wird die Bezirksreform in der Steiermark in den Jahren 2012 und 2013 untersucht, die erste dieser Art in Österreich seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Fusionierte Kreise verlieren an Bürgernähe

„Unabhängig von der unterschiedlichen staatsrechtlichen Organisation stellen wir in beiden Fällen fest, dass die politischen Kosten von Kreisreformen den fiskalischen und personellen Nutzen bei weitem überwiegen“, erklärt Sebastian Blesse, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ sowie Mitautor der Studie. „Sowohl in Deutschland als auch in Österreich war das erklärte Ziel der Gebietsfusionen, die Verwaltung leistungsfähiger zu machen, Personal und Ausgaben zu sparen, also Größenvorteile zu gewinnen“, so Blesse weiter, „beides ist jedoch nicht zu beobachten.“ Dagegen verlieren die betroffenen, zusammengelegten Kreise sichtlich an Bürgernähe und machen politische Entscheidungen vor Ort komplexer, was sich in sinkender Wahlbeteiligung in Folge der Reform niederschlägt.

Bei Kreistagswahlen in Sachsen-Anhalt ist die Wahlbeteiligung seit der Reform in den zusammengelegten Landkreisen um 4,3 Prozentpunkte zurückgegangen im Vergleich zu Landkreisen, die von der Fusion verschont blieben. Zugleich sind die Stimmanteile für rechtspopulistische Parteien um 1,7 Prozentpunkte gestiegen. „In Folge der Kreisgebietsreformen sinkt die Wahlbeteiligung und politische Parteien am rechten Rand profitieren vom Protest gegen die Reform“, fasst Sebastian Blesse zusammen.

Für die Bezirksreform in Österreich zeigt sich nahezu dasselbe Bild mit Blick auf die Wahlbeteiligung. Allerdings gewinnen rechtspopulistische Parteien in Österreich nicht signifikant mehr Stimmanteile in den fusionierten Bezirken.

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Sebastian Blesse, Telefon 0621/1235-394, E-Mail sebastian.blesse@zew.de

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