Standort Deutschland - 100 Milliarden Euro für Innovationen: Dienstleister im Schatten, Industriesektor im Licht
ForschungDie Innovationsaufwendungen der deutschen Wirtschaft sind im Jahr 2004 um zwei Prozent auf 100 Milliarden Euro gestiegen. Für 2005 und 2006 planen die Unternehmen weitere Erhöhungen ihrer Innovationsbudgets mit Jahresraten von einem (2005) beziehungsweise zwei Prozent (2006). Im Jahr 2006 würden die Innovationsaufwendungen der deutschen Wirtschaft demnach knapp 103 Milliarden Euro erreichen.
Getrübt wird diese positive Bilanz allerdings durch eine abnehmende Innovationsbeteiligung in den wissensintensiven Dienstleistungen und kaum gestiegene Innovationserfolge im Jahr 2004. Zu diesem Ergebnis kommt die jetzt veröffentlichte Deutsche Innovationserhebung 2005, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung sowie infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaft durchgeführt hat.
Der Anstieg der Innovationsaufwendungen der deutschen Wirtschaft ist auf die Industrieunternehmen zurückzuführen. Sie erhöhten ihre Innovationsbudgets im Jahr 2004 um knapp drei Milliarden auf gut 75 Milliarden Euro, was einem Anstieg um 3,6 Prozent entspricht. Hauptverantwortlich für den Anstieg waren die Großunternehmen. Aber auch die kleinen und mittleren Industrieunternehmen (kmU) haben im Jahr 2004 mit einer Erhöhung ihrer Innovationsaufwendungen um sieben Prozent auf rund 17,2 Milliarden Euro nach einer langen Durststrecke erstmals wieder mehr Mittel für Innovationsprojekte bereit gestellt. Für die Jahre 2005 und 2006 planen die Industrieunternehmen ebenfalls, ihre Innovationsaufwendungen um zwei (2005) beziehungsweise drei Prozent (2006) auf dann knapp 79 Milliarden Euro zu erhöhen.
Während die Industrieunternehmen deutlich zugelegt haben, sind die Innovationsaufwendungen in den Dienstleistungsbranchen im Jahr 2004 um drei Prozent auf weniger als 24,7 Milliarden Euro zurückgegangen. Höhere Innovationsaufwendungen in den Branchen EDV/Telekommunikation und Banken/Versicherungen standen rückläufige Innovationsbudgets in den technischen Dienstleistungen, der Unternehmensberatung, dem Großhandel und dem Transportgewerbe gegenüber. Auch in den Jahren 2005 und 2006 ist in den Dienstleistungsbranchen mit leicht fallenden Innovationsaufwendungen zu rechnen.
Der Anstieg der Innovationsaufwendungen in der Industrie geht auf höhere Investitionen für Innovationsprojekte zurück. Sie stiegen 2004 um 3 Milliarden Euro und machten 33 Prozent der gesamten Innovationsaufwendungen aus. Dies war der erste Anstieg nach vier Jahren. Er deutet darauf hin, dass die Unternehmen wieder verstärkt bereit sind, in neue Kapazitäten für Produkte und in neue Produktionsanlagen zu investieren. Die laufenden Aufwendungen - zu denen vor allem die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung zählen - blieben dagegen konstant.
Der Anteil der mit Innovationen erfolgreichen Unternehmen an allen Unternehmen (Innovatorenquote) blieb im Jahr 2004 mit 48 Prozent konstant. Einem leichten Anstieg in der Industrie (von 59 auf 60 Prozent) und bei den sonstigen Dienstleistungen (von 33 auf 35 Prozent) stand ein deutlicher Rückgang der Innovatorenquote in den wissensintensiven Dienstleistungen (von 57 auf 52 Prozent) gegenüber. Allerdings hat der Anteil der innovativ tätigen Unternehmen insgesamt zugenommen, da eine größere Zahl von Unternehmen Innovationsaktivitäten neu aufgenommen hat. Mit Innovationserfolgen können diese neu hinzugekommenen Unternehmen allerdings noch nicht aufwarten, da ihre Aktivitäten bisher nicht zur Markteinführung neuer Produkte oder zur Implementierung neuer Prozesse geführt haben. Für 2005 und 2006 ist mit einer stabilen Innovationsbeteiligung in Deutschland zu rechnen.
Der Umsatzanteil, der mit neuen Produkten erzielt wurde, also mit Produkten, die in den vergangenen drei Jahren neu am Markt eingeführt wurden, blieb im Mittel aller Branchen im Jahr 2004 konstant. In der Industrie stieg er leicht von 25,7 auf 26,4 Prozent. In den wissensintensiven Dienstleistungen fiel dieser Anteil dagegen deutlich von 25 auf 20 Prozent, während die sonstigen Dienstleistungen 10 Prozent ihres Umsatzes mit neu eingeführten Dienstleistungen erzielten. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als noch 2003.
Im Gegensatz zum geringeren Umsatz mit neuen Produkten haben die wissensintensiven Dienstleister mit Marktneuheiten höhere Umsätze erzielt. Dabei handelt es sich um Produkte, die zuvor noch von keinem anderen Unternehmen angeboten wurden. Diese originären Innovationen - im Gegensatz zu Nachahmerprodukten, die zwar aus Unternehmenssicht neu, jedoch nicht neu für die Branche sind - machten im Jahr 2004 7,5 Prozent des Umsatzes bei wissensintensiven Dienstleistungen aus, nach 6,6 Prozent im Vorjahr. Im Jahr 2001 wurden allerdings noch 9,4 Prozent des Umsatzes mit Marktneuheiten erzielt. Bei den Industrieunternehmen sind die Umsätze mit originären Innovationen 2004 bereits im fünften Jahr in Folge zurückgegangen. 2004 entfielen nur mehr 6,5 Prozent des gesamten Industrieumsatzes in Deutschland auf solche Neuheiten, im Jahr 2000 waren es noch 8,6 Prozent gewesen.
Anders als bei Produktinnovationen ist ein wichtiges Maß für den Erfolg von Prozessinnovationen nicht ihr Anteil am Umsatz, sondern die Höhe der erzielten Stückkostensenkungen. Für das Jahr 2004 zeigt sich, dass Industrieunternehmen ihre Rationalisierungserfolge steigern konnten und ihre Kosten um durchschnittlich 5,6 Prozent senkten, nach 4,5 Prozent im Jahr 2003. Bei den sonstigen Dienstleistungen erhöhte sich der Einsparungseffekt von 2,7 auf 3,2 Prozent, bei den wissensintensiven Dienstleistungen ist dagegen ein Rückgang von 4,3 auf 3,3 Prozent zu beobachten.
Hinweis für die Redaktion
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhebt seit 1993 jährlich die Innovationsaktivitäten in der deutschen Wirtschaft. Die Deutsche Innovationserhebung wird im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt. An der Befragung 2005 beteiligten sich insgesamt mehr als 9.400 Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Bergbau, der Energie- und Wasserversorgung, den wissensintensiven Dienstleistungen (EDV, Telekommunikation, technische Dienstleistungen, FuE-Dienstleistungen, Unternehmensberatung, Werbung, Banken, Versicherungen, Medien) und den sonstigen Dienstleistungen (Großhandel, Transportgewerbe, Postdienste, Reinigung, Bewachung, Arbeitnehmerüberlassung, sonstige Unternehmensdienste, Entsorgung).
Ansprechpartner
Dr. Christian Rammer, Telefon: 0621/1235-184, E-Mail: rammer@zew.de