Studieren lohnt sich weiterhin – eine Lehre wieder
ForschungZEW-Studie zu Lohnabständen nach der Hochschulexpansion
Je höher der Bildungsabschluss, desto höher die Löhne. Diese Aussage gilt auch heute noch, obwohl die mittleren Lohnabstände zwischen Studien- und Lehr-Abschlüssen seit einiger Zeit geringer werden. Dadurch werden Lehrberufe wieder attraktiver, wie eine Studie über die Auswirkungen der Hochschulexpansion, also das Steigen der Studienanfängerquote, vom ZEW Mannheim in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zeigt. Die Forscher/innen legen dar, wie sich die Lohnabstände von Personen mit Studium im Vergleich zu denen mit einer Ausbildung von 1996 bis 2021 entwickelt haben, getrennt für Frauen und Männer. Als Forschungsgrundlage dienen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).
„Seit 2015 stieg die Anzahl an Hochschulabsolvierenden nur noch geringfügig. Gleichzeitig verringerte sich der Lohnabstand zu Personen mit Lehr-Abschlüssen und ist bei den Frauen bereits wieder auf dem Niveau von Mitte der 90er Jahre angekommen. Also dem Zeitpunkt, ab dem der Lohnabstand zu steigen begann und sich die Akademisierung vor allem der Frauen beschleunigt hat. Der sinkende Lohnabstand zu Erwerbstätigen mit Lehre bedeutet erst einmal einen Dämpfer für eine weitergehende Hochschulexpansion. Dennoch verspricht ein Studium auch weiterhin für viele junge Leute eine ordentliche Bildungsrendite“, erklärt Dr. Jessica Ordemann, Mitautorin und tätig am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung in Hannover.
Ergänzend weist PD Dr. Friedhelm Pfeiffer, Mitautor und stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“ auf die Vorteile einer klassischen Lehre hin: „Auch eine Lehre wird wieder lukrativer, da viele Unternehmen höhere Löhne zahlen, um auf dem Arbeitsmarkt attraktiver zu sein. Deshalb ist es die Aufgabe von Politik und Wirtschaft, jungen Menschen weiterhin durch ausreichend Investitionen in die akademische und berufliche Bildung einen nachhaltigen Einstieg in ein langes Erwerbsleben mit sich ändernden Fähigkeiten und neuartigen Herausforderungen zu ermöglichen.“
Mindestlohn und Homeoffice als Ursachen für sinkenden Lohnabstand
Durch die Hochschulexpansion kam es zu vermehrtem Wettbewerb unter den Akademikern/-innen und der mittlere Lohnabstand zu Erwerbstätigen mit Lehre ist wieder gesunken. Es gibt weitere Ursachen, die ebenso dazu beitragen.
Erstens studierten im Zuge der Akademisierung auch mehr Menschen mit einer schwächer ausgeprägten Vorliebe für ein Studium. Zweitens profitierten die unteren und mittleren Einkommensgruppen vom 2015 eingeführten Mindestlohn, was wahrscheinlich auch zur Reduktion des Lohnabstands beigetragen hat. Die veränderte Studienwahl in Richtung Geistes- und Sozialwissenschaften ist eine dritte Ursache. Diese bis 2010 stark expandierenden Fachrichtungen können das Lohnwachstum bremsen, weil deren Durchschnittslöhne unter denjenigen in den Ingenieurs-, Natur, und Wirtschaftswissenschaften liegen. Viertens hilft das Homeoffice, das überproportional von akademischen Fachkräften genutzt wird, Wegekosten und Zeit einzusparen. Die Beschäftigten und die Unternehmen könnten die entstandenen Einsparungen geteilt haben, was in einem moderaten Umfang ebenfalls zur Reduktion des Lohnabstandes beigetragen haben mag.
Über die Studie
In der Studie vergleichen die Wissenschaftler/innen die Lohnabstände von Personen mit Universitätsabschluss, dem Abschluss einer Hochschule für angewandte Wissenschaften und Meisterbrief mit denjenigen, die einen Ausbildungsberuf erlernt haben, getrennt für Frauen und Männer. Zudem untersuchen sie die Auswirkungen der Hochschulexpansion seit dem Jahr 2000 und in welchem Umfang die jüngste Akademisierung nachweisbare Auswirkungen auf die Lohnabstände zwischen unterschiedlichen Bildungsgruppen hat.
Über das Sozio-oekonomische Panel
Das SOEP ist eine für Deutschland repräsentative Studie aus Längsschnittdaten aller erwachsenen Mitglieder privater Haushalte die seit 1984 breit gefächerte Themen wie Arbeitszeiten, Bildung und Erwerbstätigkeit bei denselben Personen erhebt. Mit seiner Hilfe werden wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Veränderungen beobachtet und analysiert.