Unternehmensnahe Dienstleister: Wachstum leicht gesteigert
ForschungDie konjunkturelle Lage der unternehmensnahen Dienstleister hat sich im dritten Quartal 1999 wieder leicht verbessert. Die saisonbereinigte jährliche Umsatzwachstumsrate erhöhte sich gegenüber dem Vorquartal um einen halben Prozentpunkt auf 3,9 Prozent. Das Umsatzwachstum liegt damit zwar immer noch deutlich unter den Spitzenwerten von Mitte 1998, die Konjunktur hat bei den unternehmensnahen Dienstleistern aber wieder an Fahrt gewonnen. Im ersten Quartal dieses Jahres hatte es eine deutliche Konjunkturabkühlung gegeben. Das zweite Quartal 1999 brachte eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage.
Aufgrund des nach wie vor hohen Wachstums der unternehmensnahen Dienstleister haben auch im dritten Quartal 1999 wieder mehr Firmen Personal neu eingestellt als entlassen. Vor allem Universitäts- und Fachhochschulabsolventen sind in dieser Branche gefragt. Arbeitskräfte ohne Ausbildungsabschluß hingegen haben wenig Chancen auf einen neuen Job. Nachfrage, Ertrag und Preise sind saisonbereinigt und gegenüber dem Vorquartal konstant geblieben. Trotz der positiven konjunkturellen Entwicklung gegenüber dem ersten Halbjahr 1999 muß allerdings festgehalten werden, daß die Rekordniveaus der letzten beiden Jahre bei weitem noch nicht erreicht werden. Im Vergleich zum Vorjahresquartal, dem dritten Quartal 1998, ist das Wachstum der unternehmensnahen Dienstleister deutlich zurückgegangen.
Diese Ergebnisse gehen aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Vereine Creditreform, Neuss, in August und September 1999 bei rund 1.000 unternehmensnahen Dienstleistern durchgeführt hat. Zum Wirtschaftszweig unter-nehmens-nahe Dienst-leistungen zählen Steuerberater und Wirtschafts-prüfer, Unternehmensberater, Architekten, technische Planer, Kfz-Vermieter, Maschinen-vermieter, Speditions- und Logistik-unternehmen, EDV-Dienstleister, Werbeagenturen sowie Unter-nehmen der Abfallwirtschaft.
Positive Personalentwicklung
Hauptursache für die Wachstumsabschwächung bei den unternehmensnahen Dienstleistern zu Anfang des Jahres war eine sich immer weiter abschwächende Nachfrage. Dies lag einerseits an einer geringen gesamtwirtschaftlichen Dynamik, andererseits hatten die beiden Boombranchen - die EDV-Dienstleister und die Unternehmensberatungen - an Schwung verloren. Diese beiden Branchen konnten bis dahin von der starken Nachfrage nach Standardsoftwarelösungen im Rahmen der Jahr 2000- und der Euro-Umstellung profitieren. Die Aussichten für das letzte Quartal 1999 hingegen sind günstig: Die unternehmensnahen Dienstleister rechnen saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal mit einer Verbesserung von Umsatz, Preisen und Nachfrage.
Die gute Entwicklung des Personalbestandes hält bei den unternehmensnahen Dienstleistern weiter an. Seit dem dritten Quartal 1996 überwiegt der Anteil der unternehmensnahen Dienstleistern, die Personal neu einstellen, bei weitem den Anteil der Firmen, die Mitarbeiter entlassen. Auch für das letzte Quartal 1999 rechnen die unternehmensnahen Dienstleister überwiegend mit Neueinstellungen - ein Zeichen dafür, dass sie mit einem Anziehen ihrer Konjunktur rechnen.
Keine Veränderungen werden bei der Ertragslage erwartetet. Auch die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich nach einem schwachen ersten Halbjahr deutlich verbessert. Derzeit deuten alle wichtigen Konjunkturindikatoren auf eine Belebung der deutschen Wirtschaft in Herbst und Winter 1999 hin.
Maschinenvermieter im Aufwärtstrend
Während die konjunkturelle Entwicklung bei den unternehmensnahen Dienstleistern insgesamt wieder an Fahrt gewonnen hat, gibt es weiterhin deutliche Unterschiede in der wirtschaftlichen Lage zwischen den einzelnen Branchen. So bleiben EDV-Dienstleister und Unternehmensberater trotz der zuletzt abgeschwächten Dynamik die Boombranchen bei den unternehmensnahen Dienstleistern. Für weitere Impulse könnte mittelfristig die Einführung von e-commerce in vielen Unternehmen sorgen. Einen Aufwärtstrend verzeichnen die Maschinenvermieter. Der Grund hierfür könnte in der erwarteten Belebung der westdeutschen Bauwirtschaft liegen. Nach zuletzt schweren Jahren für das Baugewerbe zögern möglicherweise viele Bauunternehmen damit, eigene Ausrüstungsinvestitionen vorzunehmen, und geben statt dessen dem Leasen und Mieten den Vorzug.
Das Schlußlicht bei den unternehmensnahen Dienstleistern bildet nach wie vor die Abfall- und Abwasserwirtschaft, die nunmehr in ihrer konjunkturellen Entwicklung hinter die Architekten und technischen Planer zurückgefallen ist.
Die erheblichen Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen unternehmensnahen Dienstleistern im Hinblick auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage halten weiter an. Nach wie vor beurteilen die unternehmensnahen Dienstleister aus den alten Bundesländern ihre wirtschaftliche Lage wesentlich besser als ihre Konkurrenz aus den neuen Bundesländern. Die Zeichen für eine leichte Konjunkturaufhellung bei den ostdeutschen unternehmensnahen Dienstleistern verstärken sich jedoch. So haben sowohl im zweiten als auch im dritten Quartal 1999 erstmals seit Mitte 1995 wieder mehr Firmen Personal neu eingestellt als entlassen.
Gute Chancen für Hochqualifizierte
Die insgesamt gute Arbeitsmarktlage bei den unternehmensnahen Dienstleistern wirkt sich nur für Personal mit hoher Qualifikation positiv aus. Eine überwiegende Mehrheit der unternehmensnahen Dienstleister gibt in der aktuellen ZEW/CREDITREFORM-Konjunkturumfrage an, zwischen Herbst 1998 und Herbst 1999 Universitäts- oder Fachhochschulabsolventen naturwissenschaftlich- technischer und/oder sozialwissenschaftlicher Fachrichtung neu eingestellt zu haben. Etwas geringer waren die Chancen auf einen neuen Job für Personal mit Fachschul- und Berufsabschluß. Häufiger entlassen als neu eingestellt haben die unternehmensnahen Dienstleister hingegen Beschäftigte ohne formale Qualifikation. Die Berufschancen gering Qualifizierter schwinden also nicht nur in der Gesamtwirtschaft, sondern auch bei den unternehmensnahen Dienstleistern, die trotz der jüngsten Konjunkturdelle weiterhin dynamisch wachsen.
Gering Qualifizierte sind von konjunkturellen Schwankungen besonders betroffen. So hatten Universitäts- und Fachhochschulabsolventen selbst 1996, einem für die unternehmensnahen Dienstleister wirtschaftlich schwachen Jahr, gute Chancen auf einen neuen Job. Fachschul- und Berufsschulabsolventen sowie vor allem Unqualifizierte waren hingegen deutlich häufiger von Entlassungen betroffen.
Die Konjunkturabhängigkeit von Neueinstellungen und Entlassungen zeigt sich auch bei einem Vergleich der einzelnen Branchen des Wirtschaftszweiges unternehmensnahe Dienstleistungen. So haben Architekten und technische Planer seit 1995 über alle Qualifikationsgruppen hinweg häufiger Personal entlassen als neu eingestellt; besonders betroffen waren hier die gering Qualifizierten. Ebenso haben die Unternehmen der Abfall- und Abwasserwirtschaft zwischen 1998 und 1999 eher Personal entlassen als neu eingestellt. Doch selbst bei Architekten und technischen Planern sowie der Abfallwirtschaft zeigen sich die Vorteile höher Qualifizierter auf dem Arbeitsmarkt. Akademiker und Fachschulabsolventen waren auch hier seltener von Entlassungen betroffen als Berufsschulabsolventen und Unqualifizierte. Ganz anders sieht die Arbeitsmarktlage bei den Unternehmensberatern und EDV-Dienstleistern aus. Seit 1995 wurden hier vor allem Universitäts- und Fachhochschulabsolventen eingestellt. Allerdings haben selbst in den beiden Boombranchen der unternehmensnahen Dienstleister Unqualifizierte deutlich geringere Aussichten auf einen Job als die übrigen Qualifikationsgruppen. Nur in den letzten beiden Jahren des starken Wachstums der EDV-Dienstleister und der Unternehmensberater haben sich die Jobchancen der Unqualifizierten nennenswert verbessert. Solides wirtschaftliches Wachstum mag also eine Bedingung für den Arbeitsmarkterfolg gering Qualifizierter sein, eine Garantie für neue Jobs ist es jedoch nicht.
Während bei den EDV-Dienstleistern vor allem Naturwissenschaftler neu eingestellt wurden, dominieren bei den Unternehmensberatern, der Werbewirtschaft sowie bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern Absolventen sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten. Bei den Maschinenvermietern und Spediteuren konnten hingegen vor allem Berufsschulabsolventen an Bedeutung hinzugewinnen.
In Ostdeutschland Chancen für Akademiker
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Ostdeutschland. Mit Ausnahme der Sozialwissenschaftler haben die unternehmensnahen Dienstleister seit 1995 eher Personal entlassen als neu eingestellt. Einen Lichtblick auf dem Arbeitsmarkt gibt es seit dem Herbst 1998 bei den unternehmensnahen Dienstleistern aus den neuen Bundesländern zumindest für Universitäts- und Fachhochschulabsolventen sowohl naturwissenschaftlich-technischer als auch sozialwissenschaftlicher Ausrichtung. Universitäts- und Fachhochschulabsolventen hatten in den vergangenen zwölf Monaten im Vergleich zu den anderen Qualifikationsgruppen recht gute Aussichten auf einen neuen Job.
Effekte von Innovationen
Vielfach wird technischer Forteschritt als Ursache dafür genannt, daß die Nachfrage nach Mitarbeitern geringer Qualifikation in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen ist, und das nicht nur bei den unternehmensnahen Dienstleistern. Tatsächlich haben Innovationen auch bei den unternehmensnahen Dienstleistern unterschiedliche Auswirkungen auf die Nachfrage nach Arbeitskräften. So erhöhen Produktinnovationen, also die Einführung neuer oder wesentlich verbesserter Produkte, tendenziell die Nachfrage nach Arbeitskräften. Davon ausgenommen sind jedoch Unqualifizierte. Prozeßinnovationen, also die Einführung neuer oder wesentlich verbesserter Technologien bei der Erstellung von Dienstleistungen, haben eine positive Auswirkung auf die Nachfrage nach Akademikern und Berufsschulabsolventen, während sie die Nachfrage nach Unqualifizierten und Fachschülern negativ beeinflussen.
Innovationen spielen bei den unternehmensnahen Dienstleistern eine wichtige Rolle. Etwa 60 Prozent der unternehmensnahen Dienstleister haben zwischen dem dritten Quartal 1998 und dem dritten Quartal 1999 eine Prozeßinnovation durchgeführt. Damit liegen die unternehmensnahen Dienstleister in etwa gleichauf mit dem Verarbeitenden Gewerbe. Dort haben 1997 rund 62 Prozent der Unternehmen Produkt- und 58 Prozent Prozeßinnovationen durchgeführt. Produktinnovationen werden bei den unternehmensnahen Dienstleistern weniger häufig durchgeführt als Prozeßinnovationen, die von rund der Hälfte der Firmen realisiert wurden. Wenig überraschend lassen sich deutliche Branchenunterschiede beim Innovationsverhalten feststellen. So verwundert es nicht, daß bei den EDV-Dienstleistern und Unternehmensberatern besonders häufig Innovationen durchgeführt wurden. Aber auch Speditionen und Lagereien sowie die Werbewirtschaft können vor allem mit Prozeßinnovationen aufwarten. Gerade bei Prozeßinnovationen könnte verstärkte ausländische Konkurrenz dazu geführt haben, daß innerbetriebliche Abläufe optimiert wurden. Speditionen und Unternehmensberatungen geben nämlich besonders häufig an, von ausländischer Konkurrenz betroffen zu sein. Relativ innovationsschwach sind hingegen Fahrzeugvermieter sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Offenbar stehen konjunkturelle Lage und Innovationsfreudigkeit in einem engen Zusammenhang. So hat sich der Anteil von Architekten und technischen Planern sowie von Unternehmen der Abfallwirtschaft, die Prozeßinnovationen durchgeführt haben, zwischen 1998 und 1999 in stärkerem Maße reduziert als in den übrigen Branchen. Auch insgesamt ist die Innovationshäufigkeit zwischen 1998 und 1999 leicht gesunken. Gerade im Dienstleistungssektor ist die Durchführung von Innovationsprojekten häufig mit dem Einsatz von PCs verknüpft. Rund drei Viertel aller Arbeitsplätze sind bei den unternehmensnahen Dienstleistern mit einem PC ausgerüstet. Im Vergleich zu 1998 ist der Anteil dabei um etwa drei Prozentpunkte gestiegen. Dabei haben die unternehmensnahen Dienstleister aus den neuen Ländern ihre Konkurrenz aus dem Westen überholt: In Ostdeutschland kommen 77 PCs auf einen Arbeitsplatz, im Westen 73. Werden allerdings Branchen- und Größenklasseneffekte berücksichtigt, so kehrt sich das Verhältnis um.
Mehr exportierende Firmen
Der Anteil der exportierenden unternehmensnahen Dienstleister ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Vor allem bei den Spediteuren, EDV-Dienstleistern, Werbefirmen sowie der Abfall- und Abwasserwirtschaft hat die Exportneigung zugenommen. Gleichzeitig sind dies auch die Branchen, die bei der ZEW/CREDITREFORM-Konjunkturumfrage im Sommer 1998 auch besonders häufig angegeben haben, sie rechneten aufgrund der Einführung des Euro mit verbesserten Exportchancen. Nach wie vor bestehen im Hinblick auf die Exportorientierung deutliche Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen unternehmensnahen Dienstleistern. Der Anteil exportierender Firmen liegt in den neuen Bundesländern rund 20 Prozentpunkte unter dem der westdeutschen Konkurrenten.
Spediteure und Unternehmensberater exportieren nicht nur relativ häufig Teile ihrer Dienstleistungen, sie sind auch besonders häufig von ausländischer Konkurrenz betroffen. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Fahrzeugvermieter und Architekten scheinen demgegenüber auf einem eher lokalen Markt tätig zu sein.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Ulrich Kaiser, Telefon: 0621/1235-134, E-Mail: kaiser@zew.de
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsbereiches Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim. Das ZEW wurde im Jahr 1990 in einer gemeinsamen Initiative der baden-württembergischen Landesregierung, der Landeskreditbank Baden-Württemberg und der Universität Mannheim gegründet. Die Forschungsausrichtung liegt im einzelwirtschaftlichen Bereich, der Branchenanalyse und der Ökonometrie. Rund 70 Wissenschaftler sind am ZEW in den Forschungsbereichen Internationale Finanzmärkte, Arbeitsmärkte, Industrieökonomik, Umweltökonomik und Unternehmensbesteuerung tätig. Im Forschungsbereich Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung beschäftigen sich 22 Wissenschaftler mit dem Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft, der Entwicklung von Märkten und Regionen sowie der Analyse des Dienstleistungssektors. Die Konjunkturumfrage von ZEW und Creditreform wird seit dem zweiten Quartal 1994 vierteljährlich durchgeführt. Ein repräsentativ ausgewählter Querschnitt von 4000 Unternehmen wird von ZEW und Creditreform seit dem zweiten Quartal 1994 vierteljährlich befragt. Die Stichprobe wird regelmäßig um Unternehmensneugründungen aufgefrischt.