Werkverträge in deutschen Unternehmen weit verbreitet und vielfältig ausgestaltet
ForschungWerkverträge für den Einsatz externer Arbeitskräfte sind in der deutschen Wirtschaft weit verbreitet. Fast 90 Prozent aller Unternehmen hierzulande lagern mindestens einen Kernprozess aus, also einen Prozess zur direkten Erfüllung des Unternehmenszwecks. Zudem vergeben knapp 60 Prozent mindestens einen Prozess, der eine unterstützende Funktion im Unternehmen hat. Mit der weiten Verbreitung von Werkverträgen gehen vielfältige Motive einher. Dabei erweist sich der temporäre Einsatz von spezialisiertem Personal und speziellen Leistungen als das häufigste Motiv der Werkvertragsnutzung. Außerdem bestehen Unterschiede sowohl in den Arbeitsbedingungen unter Werkvertragsarbeitskräften als auch in der rechtlichen Ausgestaltung von Werkverträgen.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie, die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, gemeinsam mit dem infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft, Bonn, und der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde. Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beauftragte Studie liefert erstmals umfangreiche, repräsentative Belege zur Verbreitung und Ausgestaltung von Werkverträgen in Deutschland. Grundlage bildet eine wissenschaftliche Befragung von Unternehmensleitungen und Betriebsratsmitgliedern in insgesamt mehr als 9.500 Unternehmen.
Die Bereitstellung von Arbeitskräften für die Ausführung von Werkverträgen konzentriert sich im Gegensatz zur Beauftragung auf eine deutlich kleinere Gruppe von Unternehmen in bestimmten Branchen. „Für etwa die Hälfte der Auftragnehmer sind Werkverträge ein Nebengeschäft mit maximal 30 Prozent ihres Umsatzes. Allerdings sind auch zirka zwölf Prozent der Auftragnehmer mit mehr als 90 Prozent ihres Umsatzes auf die Ausführung von Werkverträgen spezialisiert“, erklärt Dr. Michael Maier, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Arbeitsmärkte, Personalmanagement und Soziale Sicherung“ und Mitautor der Studie. Das Spektrum an Werkvertragskonstellationen ist angesichts der flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten im Wertschöpfungsprozess sehr breit: von Unternehmen ohne Werkvertragsnutzung bis hin zu Unternehmen, die mehrere Prozesse auslagern und gleichzeitig selbst Werkverträge ausführen.
Polarisierung bei Bezahlung im Kerngeschäft
Im direkten Vergleich schätzen die beauftragenden Unternehmensleitungen die Arbeitsbedingungen von Werkvertragskräften auf dem Betriebsgelände und der eigenen Stammbelegschaft meist vergleichbar ein. Eine Polarisierung zeigt sich aber bei der Entlohnung im Kerngeschäft: Hier steht, nach Einschätzung der Unternehmensleitungen, ein größerer Teil der Werkvertragskräfte sogar besser da, eine vergleichsweise schlechtere Entlohnung findet sich seltener. Betriebsratsmitglieder schätzen die Situation hingegen anders ein: Sie geben häufiger eine Schlechterstellung anstelle einer Besserstellung der Werkvertragskräfte an. Bezogen auf die jeweilige Branche gehen etwa 20 Prozent der befragten Unternehmensleitungen davon aus, dass Lohndumping beim Einsatz von Werkverträgen in ihrer Branche häufig vorkommt.
Werkverträge scheinen zudem andere Formen des Fremdpersonaleinsatzes zu ergänzen. Die Mehrzahl der Unternehmen sieht in der Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) keine Alternative zur Auslagerung von Unternehmensprozessen. Die juristische Abgrenzung beider Formen des Fremdpersonaleinsatzes ist jedoch nicht einfach, so dass potenziell Scheinwerkverträge zum Einsatz kommen können, die in ihrer rechtlichen Ausgestaltung eher einer Arbeitnehmerüberlassung entsprechen.
Grauzone zwischen Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung
Bei Werkverträgen liegt die Verantwortung für die Erfüllung der vereinbarten Leistung – und somit das unternehmerische Risiko – vollständig beim mit der Durchführung des Werkvertrags beauftragten Unternehmen. Dementsprechend verfügt das beauftragende Unternehmen über kein formales, arbeitsvertragstypisches Weisungsrecht, wie es bei der Arbeitnehmerüberlassung der Fall wäre. In der Praxis der meisten Unternehmen werden Verträge mit Blick auf Risiko- und Weisungsstruktur rechtlich jedoch weitgehend im Sinne eines Werkvertrages ausgestaltet: „Insbesondere bei der Risikostruktur trägt das ausführende Unternehmen in mehr als 80 Prozent der Fälle eine eventuelle Nachbesserung und die damit verbundenen Kosten. In etwa 20 Prozent bis 40 Prozent der Unternehmen gibt es jedoch Hinweise auf Qualitätssicherungsmaßnahmen, die für einen Werkvertrag eher untypisch sind, da die Verantwortung für die Leistungserbringung nicht eindeutig beim ausführenden Unternehmen liegt“, erklärt Michael Maier.
Der rechtliche Graubereich zwischen Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung ist somit nicht unerheblich. Viele Unternehmen berichten von einer Praxis, die zumindest in einzelnen Aspekten der Weisungs- und Risikostruktur von der idealtypischen Ausgestaltung eines Werkvertrages abweicht. Der tatsächliche Anteil von Unternehmen, der sogenannte Scheinwerkverträge wissentlich oder unwissentlich einsetzt, lässt sich allerdings empirisch kaum näher eingrenzen.
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Dr. Michael F. Maier, Telefon 0621/1235-307, E-Mail michaelf.maier@zew.de