„Wir brauchen eine Debatte über Finanzwissen und bessere Anlageberatung und kein Verbot von Negativzinsen“

Kommentar

Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, im Kommentar zur Geldpolitik.

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wird in einem Gutachten des früheren Verfassungsrichter Paul Kirchhof als verfassungswidrig gewertet. Die Geldpolitik bedeute laut Gutachten eine Enteignung der Sparer und verletze das Recht auf Privateigentum. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, erklärt dazu:

„Die Sicht, dass negative Leitzinsen eine ungerechtfertigte Enteignung der Sparer darstellen, kann ökonomisch nicht überzeugen. Schon in der D-Mark-Ära gab es immer wieder lange Zeiträume, in denen Sparer nach Abzug der Inflation Vermögen verloren haben, wenn sie Geld einfach auf dem Konto liegen hatten. Es wäre gegen alle marktwirtschaftliche Logik, Sparern positive Renditen zu garantieren, auch wenn sie keinerlei Risiko in ihrer Geldanlage eingehen wollen. Man kann die EZB-Geldpolitik aktuell aus vielen Gründen kritisieren. Ihr aber grundsätzlich das Recht abzusprechen, in Zeiten einer zu niedrigen Inflationsrate die Leitzinsen notfalls auch unter null abzusenken, ist kaum begründbar. Es stimmt auch nicht, dass Kleinsparern keine alternativen Geldanlagen zugänglich sind. Dank hochentwickelter Fondsmärkte kann jeder Sparer bereits mit Kleinstbeträgen kostengünstig und breit diversifiziert in die globalen Aktienmärkte investieren. Wir brauchen vor dem Hintergrund der anhaltenden Negativzinsen eher eine Debatte über Finanzwissen und bessere Anlageberatung als ein ökonomisch nicht begründbares Verbot von Negativzinsen.“