ZEW begrüßt Lockerung der Zinsschranke und der Regelungen zur steuerlichen Verlustnutzung
ForschungDas ZEW begrüßt die Steuererleichterungen für Unternehmen, die im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes erfolgen. Die Ende Mai im Finanzausschuss verabschiedeten, zeitlich begrenzten Erleichterungen bei der Zinsschranke und der Verlustverrechnung helfen Unternehmen in der Krise, die mit fallenden Gewinnen und Liquiditätsproblemen konfrontiert sind. Damit reagiert die Regierung auf die berechtigte Kritik an Elementen der Unternehmensteuerreform 2008, die durch Entkoppelung der Steuerbelastung von der tatsächlichen Ertragssituation eines Unternehmens zu Eingriffen in die Unternehmenssubstanz führen.
Im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes sind für die Wirtschaftsjahre 2008 und 2009 zwei entlastende Maßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung vorgesehen: Erstens wird die Freigrenze des Zinssaldos, bis zu der die 2008 eingeführte Zinsschranke nicht greift, von einer Million Euro auf drei Millionen Euro angehoben. Mit der Zinsschranke wollte die Regierung die grenzüberschreitende Gewinnverlagerung bekämpfen, indem der Abzug von Fremdkapitalzinsen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage reduziert wird. Zweitens wird Unternehmen mit Sanierungsabsicht erlaubt, Verluste von neu gekauften Firmen mit eigenen Gewinnen zu verrechnen. Damit wird die sogenannte "Mantelkauf-Regel" für besondere Fälle außer Kraft gesetzt.
Wie ZEW-Analysen zur Unternehmenssteuerreform 2008 zeigen, sind Zinsschranke und Mantelkaufregeln steuersystematisch und ökonomisch problematisch. Schon im Zuge der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde von Seiten des ZEW angemahnt, dass die beschlossenen Regelungen in wirtschaftlich turbulenten Zeiten als Krisenverschärfer wirken könnten und vor allem dafür sorgen, dass ökonomisch sinnvolle Transaktionen unterbleiben.
Die Bundesregierung hat diese Schwachpunkte erkannt und sie durch die Neuregelungen im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes zeitlich befristet gemildert. Die Erhöhung des Freibetrags im Rahmen der Zinsschranke nutzt mittleren, nicht im Konzernverbund agierenden Unternehmen. Die Sanierungsklausel kann Unternehmen jeder Größe zu gute kommen: Unternehmen in der Klemme mit aus früheren Jahren stammenden Verlusten finden nun leichter einen Käufer; letztere erhalten bei der Unternehmensübernahme in Form der übergehenden Verlustvorträge ein zusätzliches Steuersparpotenzial für die Zukunft.
Beide Regelungsanpassungen sind, gerade vor dem Hintergrund der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage, als dringend notwendige Korrekturen einzustufen. Substanzbesteuerung wird vermieden, Übernahmen und Umstrukturierungen werden erleichtert. "Diese Nachbesserungen sind zu begrüßen, sie sind mittelstandsfreundlich und helfen vielen Unternehmen in einer kritischen Phase", beurteilt Prof. Dr. Christoph Spengel, ZEW und Universität Mannheim, die Neuregelungen. "Gleichwohl machen sie auch deutlich, dass das Unternehmenssteuersystem in Deutschland reformbedürftig bleibt", so Spengel.
In Anbetracht der aktuellen Situation erscheint die schnelle Reaktion verbunden mit der zeitlichen Beschränkung der beiden neuen Regelungen auf zwei Jahre zwar angemessen. Dennoch sollten die Neuregelungen nicht darüber hinwegtäuschen, dass mittelfristig sowohl die Zinsschranke als auch die Regelungen zur steuerlichen Verlustnutzung grundlegenden Überarbeitungen bedürfen. Eine weitere Baustelle besteht in der fehlenden Integration der Abgeltungsteuer in das Unternehmenssteuersystem. Diese sorgt für eine steuerliche Benachteiligung der Eigenkapitalfinanzierung und sollte nach Einschätzung der ZEW-Wissenschaftler vom Gesetzgeber ebenfalls mit Nachdruck angegangen werden.
Ansprechpartner
Dr. Timo Reister (ZEW), E-Mail: reister@zew.de
Prof. Dr. Christoph Spengel (Uni Mannheim), Telefon: 0621/181-1705, E-Mail: spengel@uni-mannheim.de