ZEW-Erste Group Bank-Konjunkturindikator CEE: Konjunkturerwartungen für die Region Mittel- und Osteuropa erholen sich – pessimistische Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage
Konjunkturindikator CEESorgen über die schwierige wirtschaftliche Situation in einigen Ländern Mittel- und Osteuropas führen in jüngster Zeit zu Turbulenzen auf den Aktien- und Devisenmärkten. Die schwierige aktuelle Lage bestätigen auch die Ergebnisse der Februarumfrage des "ZEW-Finanzmarkttests für Mittel- und Osteuropa". Die Finanzmarktexperten bewerten die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Region mehrheitlich – und wenig verwunderlich – als schlecht. Der Indikator, der die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage in Mittel- und Osteuropa (CEE-Region) widerspiegelt und der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mit Unterstützung der Erste Group Bank erhoben wird, verliert 0,7 Punkte. Er liegt im Februar bei minus 58,1 Punkten. Der tiefe Stand des Indikators zeigt, dass die Experten die gegenwärtige wirtschaftliche Lage in der CEE-Region pessimistisch einschätzen.
Trotz dieser aktuellen Situation und trotz der negativen Diskussion, die auch im Zusammenhang mit der veröffentlichten Einschätzung der Rating-Agentur Moody’s steht, haben sich jedoch die Konjunkturerwartungen für die CEE-Region auf Sicht der nächsten sechs Monaten deutlich verbessert. Der Konjunkturindikator für die CEE-Region, der als Saldo der positiven und negativen Einschätzungen der Konjunkturentwicklung auf Sicht von sechs Monaten gebildet wird, steigt im Februar um 15,8 Punkte auf minus 33,3 Punkte. Der Indikator hat sich damit zum zweiten Mal in Folge verbessert. Trotz seines weiterhin negativen Wertes besteht unter den Experten Hoffnung, dass sich die Konjunktur in der zweiten Hälfte des Jahres erholen kann.
Auch für die einzelnen Länder der CEE-Region steigen die Konjunkturerwartungen für das nächste halbe Jahr deutlich. Am stärksten steigt der Indikator für Kroatien. Er erholt sich im Februar um 32,7 Punkte und liegt nun bei minus 12,0 Punkten. Auch für Ungarn steigen die Konjunkturerwartungen stark an. Sie legen um 26,9 Punkte zu und liegen nun bei minus 23,2 Punkten. Der Indikator für Österreich klettert um 16,5 Punkte auf minus 24,0 Punkte. Lediglich die Konjunkturerwartungen für die Eurozone gehen in der aktuellen Umfrage zurück. Der entsprechende Indikator erreicht mit minus 46,4 Punkten den niedrigsten Wert von allen Indikatoren.
Obwohl die befragten Experten die aktuelle wirtschaftliche Lage in der CEE-Region insgesamt pessimistisch einschätzen, bewerten sie die aktuelle konjunkturelle Lage für die einzelnen Länder der CEE-Region meist optimistischer als noch im Vormonat. Der Saldo für die Slowakei nimmt 14,6 Punkte auf minus 25,0 Punkte am stärksten zu. Der Saldo für die Tschechische Republik verzeichnet allerdings einen Rückgang von 7,6 Punkten auf minus 44,0 Punkte. Auch für die Eurozone verschlechtert sich die Einschätzung der aktuellen Konjunkturlage. Der entsprechende Indikator sinkt um 9,6 Punkte auf minus 74,5 Punkte im Februar.
Zunehmend gehen die Umfrageteilnehmer im Februar davon aus, dass der Rückgang der Inflation in der CEE-Region insgesamt, in den einzelnen CEE-Ländern sowie in der Eurozone nachlässt. Die Mehrheit der befragten Analysten erwartet aber nach wie vor sinkende Teuerungsraten.
Für alle Volkswirtschaften der CEE-Region – mit Ausnahme von Kroatien – erwarten die befragten Experten im Februar weiterhin langfristig, das heißt auf Sicht von zehn Jahren, sinkende Zinsen. Nur für Kroatien geht eine klare Mehrheit der Experten im Februar von steigenden Renditen der zehnjährigen Anleihen aus.
Mit Ausnahme des Eurostoxx 50 bleiben die Salden für die Entwicklung an den Aktienmärkten in den CEE-Ländern auf zweistelligen positiven Werten. Im Gegensatz dazu erreicht der Saldo für den Eurostoxx 50 einen Wert von 4,0 Punkten nach einem Rückgang von 21,5 Punkten. 49,0 Prozent der Experten rechnen mit einem Anstieg des CEE-Aktienindex NTX in den kommenden sechs Monaten. Der entsprechende Saldo bleibt im Februar bei 20,4 Punkten unverändert. Eine geringe Verbesserung verzeichnet dagegen der Saldo für den österreichischen Aktienindex ATX. Nach einer schwachen Bewertung mit negativem Saldo im Januar, erholt sich der Saldo für den rumänischen Aktienindex BET und erreicht mit einem Anstieg um 16,9 Punkten wieder den positiven Bereich (14,5 Punkte).
Die Erwartungen bezüglich des Wechselkurses der einzelnen Währungen in den CEE-Ländern zum Euro sind weiterhin sehr heterogen. Eine deutliche Mehrheit von 46,0 Prozent der Analysten rechnet etwa mit einer Abwertung des rumänischen Leu. Demgegenüber gehen beispielsweise 46,8 Prozent der Umfrageteilnehmer von einem unveränderten Wechselkurs der kroatischen Kuna gegenüber dem Euro aus.
Die Sonderfrage in Februar beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung verschiedener Branchen in der CEE-Region und in den einzelnen CEE-Ländern im Jahr 2009. Die Umfrageteilnehmer wurden nach ihrer Einschätzung gefragt, welche Wirtschaftsbranchen in welchem Land besonders gute, stabile oder besonders schlechte Ergebnisse erzielen werden. Für die Region Mittel- und Osteuropa insgesamt zeichnen sich die Nahrungsmittelindustrie und der Maschinenbau als klare Gewinner im Jahr 2009 aus. Dagegen gehen die Experten davon aus, dass der Hotelbranche sowie der Bauindustrie ein schwierigeres Jahr bevor steht. Im Detail prognostizieren die Experten dem Groß- und Einzelhandel in Ungarn das geringste Erfolgspotenzial. Dies gilt auch für den Finanzsektor in Bulgarien, Ungarn und Rumänien. Dagegen versprechen sich die Umfrageteilnehmer gute Ergebnisse unter anderem im Agrarsektor in Rumänien und Ungarn, in der bulgarischen Textilindustrie, in der slowakischen Chemieindustrie sowie in der Versorgungsindustrie in Ungarn.
Ablauf der Umfrage und Methodologie
Der Finanzmarkttest CEE ist eine monatliche Umfrage unter Finanzmarktexperten, die das ZEW Mannheim mit Unterstützung der Ersten Group Bank AG, Wien, durchführt. Ziel der Umfrage ist es, Indikatoren für das allgemeine Konjunkturklima für die Region Mittel- und Osteuropa (CEE) sowie Österreich zu entwickeln. Zur CEE-Region zählen Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei und Slowenien.
Im Einzelnen werden die Finanzmarktexperten nach der Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage sowie nach ihren mittelfristigen Erwartungen für die entsprechenden Volkswirtschaften befragt sowie nach ihrer Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse auf die Sicht von sechs Monaten. Die Experten geben bei ihren Antworten qualitative Tendenzeinschätzungen bezüglich der Veränderungsrichtung ab. Bei den beurteilten Volkswirtschaften handelt es sich um die Regionen Mittel- und Osteuropa und den Euroraum sowie Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien, Rumänien und Österreich.
Detaillierte Ergebnisse zu den einzelnen mittel- und osteuropäischen Staaten sowie zu Österreich enthält der "Financial Market Report CEE", der monatlich erscheint.
Für Rückfragen zum Inhalt
Dr. Mariela Borell, Telefon: 0621/1235-144, E-Mail: borell@zew.de