ZEW-Experte zum Gesetzespaket ESM/Fiskalvertrag

Forschung

"Der europäische Fiskalvertrag hat mit blindwütiger Sparpolitik nichts zu tun", stellt Dr. Friedrich Heinemann klar. Der Leiter des Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) weist vielmehr darauf hin, dass Länder durch bessere nationale Schuldengrenzen eine Wende hin zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik signalisieren. Damit können sie Vertrauen zurück gewinnen, auch wenn die aktuellen Defizite noch hoch sind.

Anlässlich seiner Teilnahme an der heutigen Expertenanhörung zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und Fiskalvertrag im Deutschen Bundestag bewertet Heinemann die neuen Vereinbarungen insgesamt als zufrieden stellend: "ESM und Fiskalvertrag sind Elemente einer im Grundsatz stimmigen Gesamtstrategie. Der dauerhafte Beistandsmechanismus wird an die Bedingung härterer Fiskalregeln geknüpft. Das ist ein wichtiges Junktim."

Bei der Umsetzung kommt es nach Ansicht Heinemanns nun darauf an, in Detailentscheidungen noch wichtige offene Fragen zu klären. So ist bislang noch nicht geregelt, ob und wie schnell ein zu hohes Defizit durch besondere Sparanstrengungen in den Folgejahren ausgeglichen werden muss. Die Europäische Kommission sollte hier unbedingt einen präzisen und wirksamen Korrekturmechanismus definieren, fordert der ZEW-Forscher.

Der dauerhafte Rettungsschirm ESM bietet aus deutscher Sicht ausreichend Sicherheit dafür, dass der Garant und Kreditgeber Deutschland nicht gegen seinen Willen zu Leistungen gezwungen werden kann. Entsprechende Entscheidungen sind gegen ein deutsches Veto nach den ESM-Abstimmungsmodalitäten ausgeschlossen. Auch die Art der Haftung - jedes Land haftet nur bis zu einer genau definierten Obergrenze - ist zu begrüßen. Die Haftung im ESM ist damit wesentlich berechenbarer als die gesamtschuldnerische Haftung vieler "Eurobonds"-Ideen, bei denen im Notfall jeder Garant für die volle Höhe der Verbindlichkeiten einstehen müsste.

Als eine Schwäche des ESM-Vertrags bezeichnet Heinemann die zu geringe Einbeziehung des Privatsektors im Falle einer drohenden Überschuldung von Euro-Staaten. Die Beteiligung des Privatsektors wird im Vertrag nur äußerst zurückhaltend als "Ausnahmefall" genannt. Dies vergrößert die Gefahr, dass Deutschland tatsächlich Ausfälle seiner Forderungen erleiden wird, weil überschuldete Länder ohne eine Beteiligung des privaten Sektors an einem Schuldenverzicht auf Dauer ihre Verbindlichkeiten dem ESM gegenüber nicht werden bedienen können. Dem Deutschen Bundestag rät Heinemann daher dringend, bei drohender Überschuldung von Euro-Staaten auf eine frühzeitige Beteiligung des Privatsektors zu bestehen.

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PD Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail heinemann@zew.de

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