ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu EZB-Anleihekäufen

Kommentar

Das Urteil stärkt die Kritiker im EZB-Rat

ZEW-Experte Friedrich Heinemann kommentiert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu EZB-Anleihekäufen.

Das Bundesverfassungsgericht hat heute das mit Spannung erwartete Urteil zum „Public Sector Purchase Programme“ (PSPP) der Europäischen Zentralbank (EZB) verkündet. Karlsruhe sieht die Entscheidung der EZB zur Errichtung des PSPP als Kompetenzüberschreitung an, weil die EZB keine ausreichende Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen hat. Wenn diese Prüfung nicht innerhalb von drei Monaten erfolgreich vorgenommen wird, ist der Bundesbank eine weitere Mitwirkung am PSPP untersagt. Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim, nimmt dazu Stellung.

„Das Bundesverfassungsgericht hat das Kernproblem des Kaufprogramms PSPP richtig identifiziert. Die EZB und der Europäische Gerichtshof haben es sich in der Entscheidung zu leicht gemacht. Negative Rückwirkungen wie die wachsende Abhängigkeit von der Politik hoch verschuldeter Mitgliedstaaten oder das Entstehen von Zombie-Unternehmen wurden einfach zur Seite gewischt. Das Urteil stärkt nun die Kritiker im EZB-Rat. Die Bundesbank hat sogar den Auftrag, langfristig auf eine Rückführung der Bestände von Staatsanleihen hinzuwirken. Die kurzfristige Corona-Krisenpolitik der EZB ist dabei nicht gemeint, es geht dem Urteil bereits um die Zeit nach der Krise: Die Botschaft, dass kein Euro-Staat darauf bauen kann, eine staatliche Überschuldung mit Hilfe der Zentralbank zu lösen, wird für die Eurozone in den kommenden Jahren eine große Bedeutung haben.“

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