ZEW-Studie zu Stabilisierungs- und Transfereffekten im Euroraum - Europäische Arbeitslosenversicherung steckt im Dilemma

Forschung

Über eine größere fiskalische Integration in Europa durch eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung für die Staaten des Euroraums wird derzeit intensiv diskutiert. Führt ein derartiger automatischer Stabilisator gleichzeitig auch zu einer Transferunion in Europa? Eine aktuelle Studie des ZEW zeigt: Eine Europäische Arbeitslosenversicherung hätte die von der jüngsten Krise am stärksten betroffenen Länder aufgefangen. Gleichzeitig wäre Deutschland in den Jahren von 2000 bis 2013 Nettozahler gewesen – trotz der hierzulande eher schlechten Wirtschaftslage zu Beginn der Jahrtausendwende. In künftigen Krisen könnte die Lastenverteilung allerdings anders aussehen.

Braucht der Euro-Raum eine überstaatliche Arbeitslosenversicherung, die die nationalen Regelungen - wenn auch nur teilweise – ablöst? Eine Frage, die die Meinung in Politik und Forschung gleichermaßen spaltet. Befürworter betonen, dass eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in den Teilnehmerländern im Krisenfall automatisch stabilisiert. Kritiker hingegen argumentieren, dass eine solche Versicherung zu einer Transferunion in Europa führt. Das ZEW hat nun erstmals in einer Simulation mit Mikrodaten betrachtet, wie sich verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten einer europäischen Arbeitslosenversicherung für die privaten Haushalte in den 18 Euro-Staaten zwischen 2000 und 2013 ausgewirkt hätte.

Die Forscher fanden heraus, dass sich das Modell einer allgemeinen Arbeitslosenversicherung im Euroraum mit einer Leistung von 50 Prozent des letzten Einkommens für die Dauer von zwölf Monaten relativ kosteneffizient hätte umsetzen lassen: Im Zeitraum von 2000 bis 2013 hätten die jährlichen "von Europa" ausgezahlten Leistungen im Durchschnitt rund 49 Milliarden Euro betragen. Der Etat speist sich aus einer einheitlichen Beitragsrate der Euroländer von 1,57 Prozent des Erwerbseinkommens pro Arbeitnehmer.

Fünf von insgesamt 18 Euro-Staaten, die in der Studie betrachtet wurden, hätten sich im Untersuchungszeitraum als permanente Geber- beziehungsweise Nehmerländer entpuppt. Die größten Geberländer wären demnach Österreich, Deutschland und die Niederlande mit jährlichen Beitragszahlungen in Höhe von zwischen 0,2 Prozent und 0,42 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Als Nehmerländer wurden vor allem Spanien und Lettland identifiziert mit bezogenen Leistungen in Höhe von 0,53 Prozent und 0,33 Prozent des jeweiligen BIP. Länderübergreifende Umverteilungseffekte halten sich jedoch in Grenzen, wenn Bedarfsleistungen gezielt nur in die Mitgliedstaaten fließen, in denen sich die Arbeitsmarktsituation verschlechtert. In einem solchen Szenario wäre kein Euro-Staat in einer permanenten Nettozahler-Position gewesen. Unter dem Strich hätten sich die Haushaltseinkommen somit insbesondere zu Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise stabilisiert.

Die vollständige Studie in englischer Sprache finden Sie unter

http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp14095.pdf

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