ZEW-Umfrage: Finanzexperten beklagen mangelnde EZB-Transparenz
ForschungUnzufriedenheit kennzeichnet die Stimmung vieler Akteure am Kapitalmarkt. Unzufriedenheit mit der mangelnden Transparenz der Entscheidungsprozesse der Europäischen Zentralbank. Erstmals präzise belegt wird diese Stimmung durch eine Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, an der sich 330 Finanzexperten aus Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen mit Sitz in Deutschland beteiligt haben. Befragt nach der Transparenz der geldpolitischen Entscheidungen der EZB vertraten 53,3 Prozent derFinanzexperten die Ansicht, dass der EZB-Rat bislang noch nicht genug für eine ausreichende Transparenz seiner Entscheidungen getan hat. Dem stehen 46,7 Prozent gegenüber, für die der Entscheidungsprozess bereits hinreichend berechenbar ist.
Die Umfrage-Teilnehmer beurteilten des weiteren drei Vorschläge, die derzeit in der Debatte um die Optimierung der Transparenz gehandelt werden. Den Kern des Problems bildet dabei bekanntlich die Spannung zwischen den beiden Indikatoren Geldmengenentwicklung und Inflationsperspektive. Während die Geldmengenentwicklung präzise bekannt ist und mit dem Referenzwert verglichen werden kann, gilt dies nicht für die von der EZB erwartete zukünftige Inflationsrate. Hier erläutern Duisenberg und Kollegen zwar im Rahmen der Pressekonferenzen und Monatsberichte die Aussichten, bleiben bislang aber die Verdichtung dieser vielschichtigen Information zu einer einzelnen Zahl schuldig. Vor diesem Hintergrund ist der am wenigsten weitgehende erste Vorschlag die Optimierung der bisherigen Praxis durch eine Erläuterung der Inflationsaussichten, die gründlicher ausfallen würde als dies bisher der Fall ist. Gedacht wird hier etwa an eine neue Publikationsreihe nach dem Vorbild der Inflationsberichte, wie sie in England, Schweden und Neuseeland durch die Zentralbanken erstellt werden. Im Zentrum vieler Wünsche steht darüber hinaus zweitens die Veröffentlichung einer quantitativ präzisen Inflationsprognose durch die EZB. Befürworter erwarten sich davon eine bessere Überprüfbarkeit geldpolitischer Entscheidungen. Eine weitere Reform-Option ist drittens die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle des EZB-Rats ähnlich der Vorgehensweise in Großbritannien.
In der Umfrage ergibt sich ein klares Ranking zwischen diesen drei Optionen. Der Vorschlag, die Transparenz durch noch ausführlichere Erläuterungen der Inflationsaussichten zu verbessern, wird favorisiert. 54,8 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus. Immerhin noch 43,7 Prozent befürworten eine quantitativ präzise Inflationsprognose. Deutlich abgeschlagen dagegen rangiert mit 33,1 Prozent die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle.
Insgesamt beinhaltet die Umfrage für den EZB-Rat eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte Nachricht ist die trotz aller Bemühungen immer noch vorherrschende Unzufriedenheit der Marktteilnehmer mit der Transparenz. Die gute Nachricht ist, dass die Akteure am Finanzmarkt mehrheitlich nicht unbedingt tief greifende Änderungen verlangen. Die Chance besteht, dass durch eine sorgfältigere Kommunikation der Inflationsperspektive weitergehendere Schritte wie die Veröffentlichung der präzisen Inflationsprognose und der Protokolle vermeidbar wären.
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