Empirical Evaluation of Interest Barrier Effects
ZEW Discussion Paper Nr. 12-046 // 2012Mit der Einführung der sogenannten Zinsschranke hat Deutschland zum Jahr 2008 seine Unterkapitalisierungsregel tiefgreifend geändert. Mit dieser neuen Regelung wird primär das Ziel verfolgt, die von multinationalen Unternehmen durch grenzüberschreitende Kreditvergaben betriebene Steuervermeidung zu bekämpfen. Aus Gründen der Nichtdiskriminierung gilt die Regel jedoch gleichermaßen für rein nationale Unternehmen und für externes ebenso wie für internes Fremdkapital. Von Beginn an hatte die deutsche Zinsschranke einen sehr schlechten Ruf. Sie steht im Verdacht Finanzierungsentscheidungen zu verzerren und somit die Produktionseffizienz zu mindern.
Vier Jahre nach Einführung der Zinsschranke ist die Zeit reif für eine empirisch fundierte Evaluation. Wir untersuchen, inwieweit die Zinsschranke die Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen beeinflusst hat. Dabei weisen wir die Einflüsse auf nationale und multinationale Unternehmen sowie auf die externe und interne Fremdkapitalquote jeweils gesondert aus.
Unterkapitalisierungsregeln verhindern bei Unternehmen mit übermäßiger Fremdfinanzierung den steuerlichen Zinsabzug. Vor dem Jahr 2008 waren Zinsen, die sich auf internes Fremdkapital in Höhe von mehr als dem 1,5-fachen des Anteilseignerkapitals bezogen, nicht abziehbar. Seit 2008 hängt die Abziehbarkeit dagegen nicht mehr von der Fremdkapitalquote, sondern von Zinszahlungen ab. So sind die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen nun grundsätzlich nur noch in Höhe von 30% des EBITDA abziehbar, sobald die Freigrenze von einer Million Euro überschritten ist. Wir identifizieren diejenigen Firmen, die von der neuen Zinsschranke getroffen worden wären, wenn diese bereits von 2005 bis 2007, also vor ihrer tatsächlichen Einführung, anwendbar gewesen wäre. Sodann untersuchen wir empirisch, wie solche Firmen im Vergleich zur Kontrollgruppe ihre Fremdkapitalquote und ihre Nettozinszahlungen angepasst haben.
Ganz grundsätzlich hat die Zinsschranke dazu geführt, dass Firmen sowohl ihre Fremdkapitalquote als auch ihre Nettozinszahlungen gesenkt haben. Entgegen der Zinsschrankenintention haben jedoch auch die nationalen Firmen diesen Schritt vollzogen und es wurde außerdem eher externes als internes Fremdkapital heruntergefahren. Somit wirkt die Zinsschranke tatsächlich auf Finanzierungsentscheidungen, jedoch weder in der beabsichtigten Art und Weise, noch ausschließlich bei den anvisierten Firmen. In Sensitivitätsanalysen werden besonders hoch verschuldete Firmen sowie Unternehmen mit niedriger Profitabilität untersucht, da diese mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Zinsschranke betroffen sind. Die Ergebnisse deuten auch für diese Gruppe auf schuldenreduzierende Zinsschrankeneffekte hin.
Insgesamt stellen die von uns gefundenen empirischen Erkenntnisse der Zinsschranke kein gutes Zeugnis aus. Der Gesetzgeber hat sich vermutlich zu sehr darauf konzentriert, wie er die exzessive grenzüberschreitende Kreditvergabe einiger weniger multinationaler Unternehmen bekämpfen kann und dabei die Effekte auf unbescholtene Firmen vernachlässigt.
Dreßler, Daniel und Uwe Scheuering (2012), Empirical Evaluation of Interest Barrier Effects, ZEW Discussion Paper Nr. 12-046, Mannheim.