Jenseits der Logik des Marktes. Marcel Mauss, die Theorie der Gabe und die Idee einer friedlichen Welt
Beiträge in Sammel- und Tagungsbänden // 2022Marcel Mauss schrieb 1924, er habe in den Motiven des „archaischen“ Gabentauschs vormoderner Gesellschaften „einen der Felsen gefunden, auf denen unsere Gesellschaften ruhen.“ Gabenpraktiken bestehen auch in modernen Gesellschaften fort, ohne dass den ihnen innewohnenden Potenzialen für ein menschenwürdiges Miteinander ausreichend Beachtung geschenkt würde. Während sich in Marktbeziehungen Menschen als abstrakte Rechtspersonen begegnen und einander als Gleiche innerhalb eines Rechtsverhältnisses anerkennen, werden in der Perspektive der Gabe zwischenmenschliche Praktiken sichtbar, in denen Menschen jenseits aller Berechnung als soziale, miteinander verbundene und auf andere angewiesene Wesen aufeinandertreffen. Die Gabenperspektive legt Abhängigkeiten, Machtverhältnisse und andere gesellschaftliche Asymmetrien offen, macht aber auch auf Großzügigkeit, Solidarität, Zugewandtheit und Dankbarkeit aufmerksam. Indem sie unabhängig von Erfolg und Leistung eine wechselseitige Anerkennung der Würde des Anderen ermöglicht, kann die Gabe auch in einem Umfeld der (Interessen-) Konflikte und Konkurrenz die Möglichkeit befriedeter Erfahrungen schaffen. Das Prinzip der Gabe würde zwar überfordert, wenn man erwarten würde, dass es einen alternativen Gesellschaftsentwurf liefern oder gar die Ordnungsprinzipien des Marktes und des Rechts ersetzen könnte. Für ist ein gutes Zusammenleben in gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaften erweist es sich jedoch als unverzichtbar.
Frick, Marc und Reiner Manstetten (2022), Jenseits der Logik des Marktes. Marcel Mauss, die Theorie der Gabe und die Idee einer friedlichen Welt, in: Ivo De Gennaro, Georg N. Schäfer, Sören E. Schuster (Hrsg.), Geld und Gewinn. Zur Erweiterung monetär-ökonomischer Logiken , Elementa Œconomica, Bd. Karl Alber Verlag, Karl Alber Verlag, Freiburg im Breisgau,