Die Internationale Arbeitsorganisation als internationales Verhandlungssystem: Eine politisch-ökonomische Analyse
Die Internationale Arbeitsorganisation als internationales Verhandlungssystem: Eine politisch-ökonomische Analyse
Gegenstand dieses Projektes ist die Normsetzung durch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Den höchsten Verbindlichkeitsgrad unter diesen Normen haben die ILO-Übereinkommen, die vom Internationalen Arbeitsamt vorformuliert und durch die Internationale Arbeitskonferenz beschlossen werden. Rechtsgültig werden sie jedoch erst durch die Ratifizierung durch den einzelnen Mitgliedstaat. Bis heute gibt es 184 ILO-Übereinkommen zu einer Vielzahl von Gegenständen, von den Grundrechten der Arbeitnehmer über die Sozial- und Beschäftigungspolitik bis zur Regulierung bestimmter Arbeitsbedingungen und Arbeitsverhältnisse. Das Projekt untersucht zum einen die Ratifikation von ILO-Konventionen durch die Mitgliedstaaten. Wichtig dafür können drei Gruppen von Faktoren sein: die ökonomischen und Verwaltungskosten, die durch eine Ratifikation entstehen, der politische Druck aus dem Ausland und die internen Kräftekonstellationen. In den Industrieländern erweisen sich vor allem die letzteren als signifikant. Insbesondere die ideologische Position der Regierung beeinflusst die Ratifikationswahrscheinlichkeit erheblich. Kostengesichtspunkte werden dagegen vor allem in den Entwicklungsländern besonders deutlich. Die zweite Gruppe von empirischen Untersuchungen betrifft das Abstimmungsverhalten der Delegierten auf der Internationalen Arbeitskonferenz. Diese Studien analysieren, ob die einzelne Entscheidung durch das ökonomische Interesse oder durch andere Gesichtspunkte, insbesondere Reputationserwägungen, bestimmt wird. Andere Ergebnisse betreffen die Teilnahme und das Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen der ILO. Derzeit durchgeführt werden ferner Untersuchungen über die Wirksamkeit der Kontrolle bei der Anwendung der Konventionen durch die ILO und der Einfluß der Standards auf die nationalen Arbeitsmärkte. Gemäß den vorliegenden Befunden haben die Konventionen zum Mindestbeschäftigungsalter bis Anfang der 1990er Jahre keine Wirkung auf die Verbreitung von Kinderarbeit gehabt. Als Vergleichsfälle werden neben der ILO auch andere internationale Organisationen und Regime untersucht. Das Projekt wird im Rahmen der von der DFG geförderten Mannheimer Forschergruppe "Institutionalisierung internationaler Verhandlungssysteme" durchgeführt, die sich aus Juristen, Politikwissenschaftlern und Ökonomen zusammensetzt. Ziel ist es daher auch, die ökonomische Herangehensweise mit den Theorien und Methoden anderer Disziplinen zu vergleichen und ihren Beitrag für die Analyse internationaler Verhandlungssysteme herauszustellen.