Die Bedeutung ordnungspolitischer und finanzpolitischer Rahmenbedingungen für die Innovationstätigkeit in Deutschland seit der Reichsgründung
Die Bedeutung ordnungspolitischer und finanzpolitischer Rahmenbedingungen für die Innovationstätigkeit in Deutschland seit der Reichsgründung
Eine Beurteilung des Einflusses staatlicher Maßnahmen auf die Innovationstätigkeit im historischen Vergleich muss aus ökonomischer Sicht unterschiedliche Ansatzpunkte staatlichen Handelns berücksichtigen. Zum einen beeinflusst der Staat die Innovationsfähigkeit der Gesellschaft direkt durch die Bildungs- und Forschungspolitik. Zum anderen wirken staatliche Maßnahmen auf die Innovationsanreize, denen sich private Akteure gegenüber sehen. Das Projekt befasst sich mit ausgewählten Aspekten dieser beiden Rollen des Staates im Innovationssystem. Es soll untersucht werden,
- inwieweit die Entwicklung der Innovationstätigkeit von der zentralstaatlichen Dominanz in der Innovationspolitik abhing,
- welche Effekte von der Steuerpolitik auf die Innovationstätigkeit ausgingen und
- welchen Stellenwert die Ausgestaltung des Finanzsystems für die Innovationstätigkeit gehabt hat.
Gegenstand des ersten Teilprojektes ist die Frage, ob und in welcher Hinsicht die Innovationstätigkeit in Deutschland seit der Reichsgründung von der zentralen und den untergeordneten Staatsebenen (Länder und Gemeinden) beeinflußt wurde. Aus modelltheoretischer Sicht wurde dabei die These aufgestellt, dass die Koordinierung lokaler Politiken oder alternativ die Übertragung auf die zentralstaatliche Ebene zu einer Produktivitätssteigerung führen kann, falls die öffentlichen Inputs grenzüberschreitende externe Effekte haben. Zu diesem Zweck wurde zum einen mittels eines einfachen Growth Accounting der technische Fortschritt als makroökonomisches Maß für die Innovationstätigkeit in Deutschland im Zeitraum 1850-1997 ermittelt. Die Untersuchung erfolgte dabei getrennt für die Zeitabschnitte 1850-1913, 1925-1938 und 1950-1990/1997. Dem Produktivitätswachstum wurde zum anderen die Entwicklung des Zentralisierungsgrades des Staatssektors historisch-deskriptiv gegenübergestellt. Dabei zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen Produktivitätswachstum und Zentralisierung der Staatstätigkeit insgesamt. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass gerade in öffentlichen Aufgabengebieten, die für die Produktivität von besonderer Bedeutung sind, wie in der Bereitstellung der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur eine ausgeprägte Zentralisierung zu verzeichnen ist. Darüberhinaus wurde im Rahmen einer Zeitreihenanalyse für 1950-1990 untersucht, inwieweit der vertikale Staatsaufbau der Bundesrepublik das Produktivitätswachstum fördert. Schätzungen ergaben für diesen Zeitraum einen signifikanten positiven Effekt des allgemeinen Zentralisierungsgrades der Staatsausgaben auf die totale Faktorproduktivität. Hieraus liesse sich ableiten, dass eine stärkerer Zentralisierung stimulierend auf die Produktivitätsentwicklung wirken könnte.Im Rahmen der beiden anderen Teilprojekte wurden bislang intensive Literaturrecherchen durchgeführt sowie eine Datenbank mit Informationen zu steuerlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen aufgebaut. Im nächsten Schritt ist eine Beschreibung der historischen Entwicklung des Finanz- und Steuersystems vorgesehen. Des weiteren erfolgt eine Quantifizierung der Wirkung steuerlicher Rahmenbedingungen auf das Innovationsverhalten.